NEWSBÜCHERJOURNALEONLINE-SHOP



 

Sie befinden sich hier: NEWS » Aktuelle News Psychologie » News lesen

« zurück

Seniokratie: Kriminalroman zur Verjüngung der Gesellschaft

"Wir sind dabei, uns in eine Seniokratie zu verwandeln. Durch die schieren Mehrheitsverhältnisse wird unsere Gesellschaft erdrückt vom Senilen, Morbiden, Kranken." Dem Gespenst folgt gleich ein zweites: "Was würde passieren, wenn die alten Äste nicht aus den Bäumen geschnitten würden? Die jungen Triebe könnten nicht wachsen." Daraus folgt eine Korrektur der Generationen-Disproportion - als politische und ärztliche Aufgabe. Ein Horrorszenario, das die Fachärztin für Psychiatrie Dr. Monika Vogelgesang zu einem Kriminalroman verarbeitet hat.

Der Sondhof, ein reichlich dotiertes Pflegeheim, ist zentraler Ort der Tatausführung. Von dort will Georg seine Schwester Mira abholen. Frau Dr. Kröger wendet ein: "Ihre Schwester darf unter keinen Umständen gestört werden. Sie hat eine schwere Herzattacke hinter sich. ... Mehr Auskünfte kann ich Ihnen leider nicht geben. Schweigepflicht, Sie verstehen." Die Inszenierung empfindet Georg als durchsichtig. Und plötzlich tritt aus einer Seitentür Mira in den Raum, pummelig, tatkräftig, mit festen Schritten. Der verdutzten Ärztin sagt sie: "Herzlichen Dank für die wunderbare Zeit auf dem Sondhof. Ich habe mich hervorragend erholt ..."

Später stößt Mira in der Justiz auf eine stoische Gelassenheit. Staatsanwältin Dr. Küppers legt Wert auf die Feststellung: "Wir bearbeiten unsere Fälle strikt nach Eingang. Also werden wir uns selbstverständlich auch um Ihre Angelegenheit kümmern - aber erst, wenn Sie dran sind. Dass Sie jetzt hier persönlich erscheinen, beschleunigt den Vorgang nicht. Im Gegenteil, er nimmt mir die Zeit, mich um meine Arbeit zu kümmern, und verzögert so auch die Bearbeitung ihrer Geschichte. Also wenn sie mich jetzt entschuldigen würden ..."  Fast fröhlich klingt die Stimme der Staatsanwältin bei dem Satz: "Wo Alte sind, da wird auch gestorben; glücklicherweise - würde ich aus meiner Perspektive sagen."   

Der folgende Verlauf lässt lässt erkennen, dass die Autorin Insiderkenntnisse aus dem Medizin- und aus dem Justizbetrieb szenisch detailgetreu einsetzt. Die Verbrechen werden, wie es sich für einen anständigen Krimi gehört, schlussendlich in großer Dramatik und emotional anspruchsvollen Szenen aufgedeckt.

Das reale, alltägliche, tausendfache Sterben in schlecht versorgten "Heimen" würde sich für einen Kriminalroman kaum eignen. Doch seine psychosozialen Entstehungsbedingungen hat Monika Vogelgesang deutlich umrisssen.


Morgengrau
Vogelgesang, Monika Maria




alttext    

 

Aktuell

Socials

Fachzeitschriften