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Jahrbuch Sucht: Das Suchtpotenzial ist bei neuen Z-Drugs ebenso hoch wie bei alten Benzodiazepinen

Jahrbuch Sucht: Mindestens 1,5 Millionen Deutsche sind von Medikamenten abhängig. Hinzu kommt eine zumindest ähnlich große Zahl von Menschen, die sich an die Dauereinnahme unnötiger Medikamente gewöhnt haben. In beiden - kontinuierlich wachsenden - Patientengruppen sind riskante Arznei-Nebenwirkungen eher die Regel als die Ausnahme, berichtet Professor Dr. Gerd Glaeske im neuen Jahrbuch Sucht.

"Schlafmittel und Tranquilizer aus der Familie der Benzodiazepine sind nach wie vor am häufigsten beteiligt, wenn es um Arzneimittelabhängigkeit geht. Noch immer muss davon ausgegangen werden, dass rund 1,2 Millionen Menschen von Benzodiazepinderivaten abhängig sind, weitere etwa 300.000 bis 400.000 von anderen Arzneimitteln. Insgesamt haben etwa vier bis fünf Prozent aller vielverordneten Arzneimittel ein Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial," kalkuliert Glaeske.
 
"Bei den Schlafmitteln werden mehr und mehr die neueren sog. Z-Drugs eingesetzt (v.a. Zopiclon und Zolpidem). Die Wirkstoffe gehören in die Gruppe der sog. Benzodiazepinagonisten, sind also Mittel, die ähnlich wie Benzodiazepine wirken. Zu Beginn der Vermarktung der Z-Drugs wurde gemutmaßt
und auch heute noch von vielen Ärzten angenommen, dass sie deutlich seltener zur Abhängigkeit führen." Diese Annahme ist jedoch inzwischen widerlegt. "Insgesamt werden von Z-Drugs und allen anderen Benzodiazepin-haltigen Schlafmitteln und Tranquilizern rund 22 Millionen Packungen jährlich verordnet - die meisten wohl an Menschen, die bereits über Jahre abhängig sind."
 
Die medikamentöse Schmerztherapie findet in Deutschland in erster Linie im Rahmen der Selbstmedikation statt. Hier sind Mischpräparate beliebt, die u.a. Koffein enthalten, also angenehm stimulierend wirken - bei Dauereinnahme schädlich für Magen, Leber, Nieren und andere Organe. Die Analgetika-Nephropathie ist eine klassische Folge und führt häufig zum vollständigen Nierenversagen. Experten, die die Beimischung von Koffein verbieten lassen und damit die Attraktivität der Präparate reduzieren wollten, haben sich nicht durchgesetzt.
 
Zu den meistverkauften Arzneimitteln gehören drei Schnupfenpräparate, die Wirkstoffe enthalten, die auf Dauer zur Gewöhnung führen können. "Daher dürfen diese Mittel nur fünf bis sieben Tage hintereinander angewendet werden, ansonsten gewöhnt sich die Nasenschleimhaut an den ´Reiz´ durch das Mittel, die Gefäße zusammenzuziehen." Bei Dauer-Anwendung werden die Gefäße geschädigt, die Durchblutung in der Nasenschleimhaut wird gestört: Die Schleimhaut schwillt immer wieder an, das ´Schnupfengefühl´ besteht weiterhin. Daher wenden viele Betroffene das Mittel weiterhin an - "zur Behandlung des Schnupfenmittel-bedingten Schnupfens."
 
Glaeske analysiert in seinem Beitrag detailliert unterschiedlichste Varianten des Medikamentenmissbrauchs. Das "Jahrbuch Sucht" bietet in Einzelbeiträgen die aktuelle Datenlage zu den relevanten Suchtformen: Alkohol, Tabak, Illegale Drogen, Glücksspiel u.a..

Jahrbuch Sucht 2016
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) e.V. (Hrsg.)




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