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Günther Jauch: Zunehmende Kindeswohlgefährdung überfordert Jugendämter

Immer mehr Eltern sind nicht bereit oder in der Lage, ihre Kinder zu versorgen und zu erziehen, stellte Heinz Buschkowsky, Bezirksbürgermeister in Berlin-Neukölln, am Sonntag-Abend in der Sendung mit Günther Jauch fest. Kindeswohlgefährdung nimmt zu. Jauch und seine Gesprächsteilnehmer thematisierten die wachsende Überforderung der Jugendämter. Das häufigste Entscheidungsdilemma drängt sich auf, wenn ein gefährdetes Kind aus seiner Familie genommen werden soll: Ist die seelische Verletzungsgefahr einer Trennung zu verantworten?

Das Schicksal von Chantal in Hamburg wurde erneut hinterfragt; das Kind war zu drogenabhängigen Pflegeeltern gegeben worden und hatte den leiblichen Vater angefleht: Nehmt mich hier heraus. Acht Gespräche zwischen den Pflegeeltern und Jugendamts-Vertretern hatten stattgefunden - mit dem Befund, die Verhältnisse seien in Ordnung. Schließlich starb die Elfjährige an einer Überdosis Methadon. Wie war die Fehleinschätzung des Jugendamts möglich? Allen Gesprächsteilnehmern bei Jauch blieb es unerklärlich. Marita Meissner, Sozialarbeiterin im Jugendamt Gelsenkirchen, stellte allerdings klar: Rauschgiftabhängige Frauen und Männer sind krank, ihre Erziehungskompetenz ist eingeschränkt; daher sollten sie nicht als Pflegeeltern akzeptiert werden.

So eindeutig dies klingt, so komplex sind die Beurteilungen, wenn die Frage ansteht, ob ein Kind aus einer Familie genommen werden soll. "Der Begriff der Kindeswohlgefährdung bleibt im Zentrum eines lernenden Systems, was die Möglichkeit eröffnet, Entscheidungen immer auf der Höhe der Zeit zu treffen. Dem steht unbestreitbar der Nachteil gegenüber, dass sich die Ermittlung eines Gefährdungstatbestandes selbst dann nicht leicht gestaltet, wenn die objektiven Tatsachen bekannt sind; denn immer erfordert die Feststellung der Gefährdung auch die Prognose des Schadenseintritts. Diese hat mit einer entsprechenden Verlässlichkeit zu erfolgen, die sich im Einzelfall alles andere als leicht erreichen lässt," schreibt Rechtsanwältin Gila Schindler (Heidelberg) im Handbuch "Erfassung von Kindeswohlgefährdung".

Die jüngere internationale Forschung "weist auf Traumata hin, die Kinder und Jugendliche erleiden, wenn sie unvermittelt und unvorbereitet aus ihrer Familie gerissen werden, auch wenn diese Maßnahme eine akute Gefährdungssituation beenden soll. Diese Erkenntnis muss zwingend bei der Erwägung einer entsprechenden Intervention Eingang finden ..."
 

Literatur:
Erfassung von Kindeswohlgefährdung in Theorie und Praxis
Körner, Wilhelm; Deegener, Günther (Hrsg.)




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