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Ars Medica im Krankenhaus: für den Arzt ein Zuhause und für den Patienten Gastfreundschaft

"Der in der Fremde des Krankheitsgeschehens gefangene Patient braucht einen Ort der Zuflucht, einen Ort des Schutzes vor dem Befremdenden in der Fremde. Er braucht einen Ort, wo er sich sicher fühlen kann, wo er zur Ruhe kommen kann, dem Unheimlichen der Erkrankung entkommen kann. Er braucht einen Ort, wo er als Gast gastfreundschaftlich aufgenommen wird, wo ihm ein Platz zur Behandlung und Regeneration zur Verfügung gestellt wird. Was aber, wenn - wie leider gar nicht so selten der Fall - dieser Ort dem Gast zu einem unheimlichen, befremdenden und bedrohlichen Ort wird?" fragt Professor Dr. Michael Musalek (Wien) in seinem aktuellen Buch "Ars Medica".

Die Antwort: "Dann erlebt sich der Kranke in seiner Hilflosigkeit und seinem Ausgeliefert-Sein doppelt verknotet gefangen; dann wird sehr leicht die erfahrene Aussichtslosigkeit zum Erlebnis der Ausweglosigkeit. Gescheiterte Gastfreundschaft kann so den Weg in eine existentielle Krise bahnen. Gastfreundschaft in der Medizin wird damit zur existentiellen Frage."

Als Gastgeber sieht Musalek zunächst das Aufnahmepersonal. "Ohne Zweifel kommt diesem Personenkreis eine enorm wichtige Rolle zu. Der Erstkontakt ist keinesfalls zu unterschätzen." Zentrale Gastgeberfunktion haben allerdings Therapeuten und Pflegende. "Natürlich werden Therapeuten schon allein deshalb als Gastgeber wahrgenommen, weil sie in der Institution" die entscheidenden Wünsche erfüllen können. Heilkundige eignen sich allerdings auch deshalb als Gastgeber, "weil sie gelernt haben, sich auf das Fremde der Krankheiten einzulassen." Die größte Herausforderung bleibt jedoch, "dem Patienten ein temporäres Zuhause zur Verfügung zu stellen, wie es gelungene Gastfreundschaft erfordert.

Das Wesentliche eines Platzes oder Raumes, der als Ort der Gastfreundschaft angeboten wird, ist es, dass er auch das Zuhause des Gastgebers ist. Nur wer dort, wohin er jemanden einlädt, auch zuhause ist, kann dem Gast einen Teil dieses Zuhauses zur Verfügung stellen, also wahre Gastfreundschaft leben. Das Zuhause ist das, was man selbst bewohnt, wo man sich wohnlich fühlt ... Was aber, wenn man dort nicht zuhause ist, wenn man sich selbst am Arbeitsplatz als Fremden erlebt? Heilkundige und Pflegende, die sich in ´ihrem´ Krankenhaus nicht zuhause fühlen, sich selbst dort als Fremde oder in der Fremde erleben, werden damit der Gastfreundschaft unfähig.

Viele Kommunikationsstörungen zwischen medizinischem Personal auf der einen Seite und Patienten auf der anderen Seite entspringen dem Umstand, dass sich in der Stätte der Gastfreundschaft zwei Fremde gegenüberstehen, von denen einer (der Patient) glaubt, der andere wäre gar kein Fremder, sondern hier zuhause, und der andere (der Heilkundige bzw. Pflegende) den einen nicht als Gast wahrnehmen kann," weil er selbst in der Fremde arbeitet ...

 

Ars Medica.
Zu einer neuen Ästhetik in der Medizin
Musalek, Michael; Poltrum, Martin (Hrsg.)




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