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Jahrbuch Sucht 2014: Daten und Fakten

Alkohol: Im Jahr 2012 wurde mit 9,5 Liter reinem Alkohol fast ebenso viel getrunken wie im Jahr zuvor. Seit 2007 liegt der Pro-Kopf-Konsum knapp unter 10 l reinem Alkohol. Im Verbrauch je Einwohner verschiebt sich die Vorliebe der Bundesbürger für Wein (+1,0%) zu Ungunsten von Bier (-0,2%). Dennoch: Gut die Hälfte (53,1%) des Gesamtkonsums, gemessen am Gesamtkonsum von 135,4 Liter Fertigware, wird als Bier konsumiert und rund ein Viertel (23,5%) als Wein.

Im Vergleich in den EU-Staaten (inkl. der Beitrittskandidaten, Norwegen und Schweiz steht Deutschland in 2012 mit einem Alkoholkonsum der Bevölkerung ab 15 Jahren mit 12,87 Litern reinen Alkohols nach einigen osteuropäischen Ländern, Portugal, Spanien und Österreich an dreizehnter Stelle.

In Deutschland konsumieren ca. 10 Mio. Menschen Alkohol in gesundheitlich riskanter Weise, wenn sie mehr als 12 g (Frauen) bzw. 24 g (Männer) täglich konsumieren. Knapp 1,8 Mio. Menschen in Deutschland sind alkoholabhängig, 1,6 Mio. trinken in missbräuchlicher Weise.

Weiterhin muss von jährlich 26,7 Mrd. Euro volkswirtschaftlicher Kosten infolge alkoholbezogener Krankheiten ausgegangen werden. Dem stehen Einnahmen des Staates aus alkoholbezogenen Steuern von nur 3,284 Mrd. Euro (2012) gegenüber. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland mit seinen Steuersätzen bis auf Schaumwein unter dem europäischen Mittelwert: Je Liter reinen Alkohols werden für Branntwein/Spirituosen 13,03 € verlangt(EU Mittelwert 16,95), für 1 Liter Schaumwein 13,60 € (EU Mittelwert 6,29 €), rfüBier 1,97 € (EU 7,28 €). Für Wein wird keine alkoholbezogene Steuer erhoben, der EU Mittelwert liegt bei 5,80 €.

Über eine halbe Milliarde Euro wurde (562 Mio. €) 2012 für die Alkoholwerbung in TV, Rundfunk, Plakate und Presse ausgegeben, ungeachtet der Ausgaben für Sponsoring und Werbung im Internet.

Tabak

Der Rückgang des Zigarettenverbrauchs fällt mit 1,2% im Jahr 2013 geringer aus als im Vergleich zum Vorjahr 2012 (-5,9%). Konsumiert wurden im Jahr 2013 996 Zigaretten je Einwohner (2012: 1.008). Die Zahl gerauchter Zigarren und Zigarillos sank im Jahr 2013 um 6,2% auf 3.560 (2012: 3.795). Der Pfeifentabakverbrauch stieg im selben Zeitraum auf 1.200 t (+16,6%), während der Feinschnittverbrauch um 4,4 % auf 25.734 t zurückging. Diese Veränderung weist auf geänderte Konsummuster hin. Hier greifen Preiserhöhungen, Abgabebeschränkungen und Gesundheitsbewusstsein.

Die Tabaksteuereinnahmen gingen um 0,05 % auf 14.129 Mio. Euro leicht zurück (2012: 14.136 Mio. Euro). In Deutschland rauchen dem Epidemiologischen Suchtsurvey 2012 zufolge (30 Tage Prävalenz, DSM-IV 2009) ca. 30,2 der 18- bis 64-Jährigen (34% der Männer und 26,2% der Frauen). Es muss von jährlich 100.000-120.000 tabakbedingten Todesfällen ausgegangen werden, dazu kommen lt. einer Schätzung des Deutschen Krebsforschungszentrums etwa 3.300 Todesfälle durch Passivrauchen.

Eine Studie des Robert Koch-Instituts kommt zu dem Ergebnis, dass der Anteil der Raucherinnen und Raucher im Alter von 18-29 Jahren (Männer: 47,0%, Frauen: 40,0%) am höchsten ist, während im Alter von 70-79 Jahren der Anteil bei Männern nur noch 10,2% und bei Frauen 5,7% beträgt.

Psychotrope Medikamente

Schätzungsweise 1,4-1,5 Mio. sind abhängig von Medikamenten mit Suchtpotenzial, 1,1-1,2 Mio. Menschen von Benzodiazepin-Derivaten und weitere 300.000-400.0000 Menschen von anderen Arzneimitteln. Andere Schätzungen sprechen sogar von 1,9 Mio. Abhängigen.

4-5 % aller häufig verordneten Arzneimittel besitzen ein eigenes Suchtpotenzial und sind verordnungspflichtig. Schätzungsweise ein Drittel dieser Mittel werden nicht wegen akuter Probleme, sondern langfristig zur Suchterhaltung und zur Vermeidung von Entzugserscheinungen verordnet.

2012 wurden 692 Mio. Packungen rezeptpflichtiger Arzneimittel verkauft (34,02 Mrd. €), dazu noch einmal 672 Mio. Packungen nichtrezeptpflichtiger (116 Mio. Packungen/1,19  Mrd.  €  verordnet  und  556  Mio.  Packungen/4,44  Mrd.  €  als Selbstmedikation). Die Verkaufszahlen geben die Spitze des Eisbergs wieder. Ein Trend für die gesellschaftliche Belastung durch abhängig machende Medikamente lässt sich daraus nicht ablesen, da die Internetbestellungen und Privatrezepte boomen.

Die DHS fordert für dieses Suchtproblem stärkere Präventionsbemühungen, Information aller Beteiligten, medizinischen und pharmazeutischen Personals und der Medikamentennutzer/-innen sowie eine intensive Forschung.

Die wirksamste Prävention ist letztlich die Vermeidung unerwünschter Wirkungen ("Nebenwirkungen") durch die richtige Anwendung und Empfehlung von Arzneimitteln. Zu diesen unerwünschten Wirkungen zählen auch Missbrauch und Abhängigkeit. Fachleute wie Ärztinnen und Ärzte, Apothekerinnen und Apotheker haben daher eine besondere Verantwortung, um die Patientinnen und Patienten vor Missbrauch und Abhängigkeit zu schützen. Die entsprechenden Empfehlungen, insbesondere bei den rezeptpflichtigen Mitteln, zusammengefasst in der 4K-Regel, sollten daher immer beachtet werden:

  • Klare Indikation
    Verschreibung nur bei klarer vorheriger Indikationsstellung und Aufklärung des Patienten über das bestehende Abhängigkeitspotenzial und mögliche Nebenwirkungen, keine Verschreibungen an Patienten mit einer Abhängigkeitsanamnese.
  • Korrekte Dosierung
    Verschreibung kleinster Packungsgrößen, indikationsadäquate Dosierung.
  • Kurze Anwendung
    Therapiedauer mit Patienten vereinbaren, kurzfristige Wiedereinbestellungen, sorgfältige Überprüfung einer Weiterbehandlung.
  • Kein abruptes Absetzen
    Zur Vermeidung von Entzugserscheinungen und Rebound-Phänomenen nur ausschleichend abdosieren.

Illegale Drogen

Deutschland zählt mit geschätzten 4 problematischen Drogenkonsumenten pro
1.000 Einwohner im Alter von 15 bis 64 Jahren zu den Ländern mit niedriger Prävalenz.

Nach Schätzungen des Epidemiologischen Suchtsurveys 2012 liegt für 4,5% der Gesamtbevölkerung zwischen 18 und 64 Jahren eine Cannabisabhängigkeit oder problematischer Cannabiskonsum vor.

Im Vergleich zu Cannabis weist der geschätzte Anteil Abhängiger und Problemkonsumenten von Kokain (0,8% der 18 bis 64-Jährigen) und  Amphetaminen (0,7% der 18 bis 64-Jährigen) deutlich geringere Werte aus. Die Geschlechterunterschiede bei Kokainabhängigen wie bei Amphetaminabhängigen zeigen eine höhere Zahl bei Männern (1,3 bzw. 1,2%) als bei Frauen (jeweils 0,3%).

Glücksspiel

Die Umsätze auf dem Glücksspiel-Markt (ohne Soziallotterien, Sportwetten und Online-Glücksspiele von privaten und ausländischen Anbietern) sind im Jahr 2012 mit 33. Mrd. Euro leicht rückläufig (-1,0%).
Der Umsatz der gewerblichen Geldspielautomaten stieg zwischen 2002 und 2012 um 236% auf 19,2 Mrd. Euro. Im Jahr 2012 waren in Deutschland 265.000 Spielautomaten aufgestellt.

Essstörungen

Essstörungen sind lebensbedrohliche psychosomatische Erkrankungen mit Suchtcharakter. Unterschieden werden die Anorexia nervosa (Magersucht), die Bulimia nervosa (Ess-Brech-Sucht) und die nicht näher bezeichneten Essstörungen (z.B. die Binge-Eating-Störung).

Der repräsentative Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) des Robert-Koch-Institutes findet bei mehr als einem Fünftel der befragten Jugendlichen (gesamt: 21,9%; 11-13 Jahre: 20,6%; 14-17 Jahre: 22,7%) Hinweise auf gestörtes Essverhalten.

Für Anorexia nervosa wird für Frauen in der Regel eine Lebenszeitprävalenz zwischen 0,5% und 1% berichtet, für Bulimia nervosa zwischen 1% und 1,5%. Männer sind deutlich seltener betroffen.

Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen stellt fest:

Die nur geringfügigen Reduzierungen im Bereich legaler Suchtmittel bestätigen die Forderungen der DHS nach Angebotsreduzierung, Preiserhöhung und Werbeeinschränkung der verschiedenen abhängig machenden Substanzen. Verhaltens- und Verhältnisprävention müssen flächendeckend und kontinuierlich eingesetzt werden, damit Deutschland endlich die internationalen Spitzenplätze im gesundheitsschädlichen Konsum legaler Drogen verlässt.

Jahrbuch Sucht 2014
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) e.V. (Hrsg.)




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