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Episoden im Gefängnis: Komisches im Bedrohlichen

Der Knast ist kein Tatort für Komödien. Seine Tristess, seine Tragik inszenieren jedoch ein Absurdistan mit gelegentlich unfreiwillig komischen Zügen. Die ehemalige Gefängnis-Psychologin Dr. Katharina Bennefeld-Kersten und der Gefängnisseelsorger Franz-Josef Christoph wissen in 20 Episoden leicht schmunzelnd darüber zu berichten. Der Buchtitel fordert: "Gehen Sie in das Gefängnis. Gehen Sie direkt dorthin." Das Leben hinter Gittern ist dennoch kein Monopoly-Spiel.

Für Konrad Korte, beispielsweise, ist es eher ein Schwarzer-Peter-Spiel. Er wurde in der Straßenbahn mit einem prall gefüllten Geldbeutel festgenommen, eines Banküberfalls bezichtigt und erhielt sein neues Logis in einer Zwei-Mann-Zelle. Ob die Behausung als solche oder der zweite Mann für ihn befremdlicher war, ließ sich schwer klären. Die Begegnung mit Letzterem schildert Katharina Bennefeld-Kersten mit filmischer Präzision:
 
"Über Konrad kommt auf dem Hochbett die Matratze in Bewegung, dann baumeln zwei unbekleidete Beine an der Seite, und nach einem Sprung bekommt die Person von oben Boden unter die Füße. Konrad fürchtet sich. Er rutscht näher an die Wand und macht sich so klein wie möglich. Der Mann geht zum Waschbecken, lässt Wasser in einen Becher laufen und trinkt ihn glucksend in einem Zug leer. Er wischt sich den Mund, rülpst vernehmlich, dreht sich zu der kleinen Person unter seinem Bett und fragt:
 
"Und, was hast Du gemacht, Du Knalltüte?" Konrad zögert, vielleicht ist es doch nicht verkehrt, mit einem erfahrenen Verbrecher über diese verkorkste Geschichte zu sprechen. "Einen Banküberfall, sagen sie." Das konnte man ja noch mitteilen, war wenigstens ein anständiges Delikt. Der Proll scheint auch beeindruckt, die Stuhllehne mit den Händen umfasst, sitzt er reglos und schaut ihn mit offenem Mund an.
 
´Sieh an, so´n Stöpsel wie Du will an das ganz große Geld. Und das, obwohl Du noch nicht einmal über den Tresen gucken kannst." Der Proll schnaubt verächtlich: "Hast Du Dir eine Fußbank mitgenommen oder hat Dich jemand hochgehoben?" Korte holt tief Luft. Traut ihm wohl der Proll wohl nicht zu, dass er, wenn es darauf ankommt, ein Ding auch knallhart durchziehen kann. ´War ja auch nichts, ich hab ja gar nichts gemacht.´ ´Und warum bist Du dann hier?´ ´Weil die Polizei mich festgenommen hat, mitten in der Straßenbahn, vor allen Leuten.´
 
Konrad spricht von einem Zettel und einer Waffe. Der Proll schaut ihn entgeistert an und versucht, die Informationen mit seinem nicht üppigen, aber gesunden Menschenverstand in Einklang zu bringen. Jetzt mal ganz, ganz langsam ..."
 
Die Episode endet unerwartet, wie die meisten anderen auch. Hinter Gittern enden täglich Erwartungen ...
 

Gehen Sie in das Gefängnis. Gehen Sie direkt dorthin.
Bennefeld-Kersten, Katharina; Christoph, Franz-Josef




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