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Wirtschaftspsychologie: Karriere trotz Studienabbruch

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Wirtschaftspsychologie: Ein Studienabbruch ist kein Hinderungsgrund, um dennoch Karriere zu machen. Zu diesem Ergebnis kommt die Soziologin Nicole Tieben von der Graduiertenschule LEAD an der Universität Tübingen in einer Studie. Sie konnte zeigen, dass die Übergänge ins Erwerbsleben insgesamt unproblematisch verlaufen. Nach einer Orientierungsphase nimmt rund die Hälfte der Studienabbrecher ein weiteres Studium auf, das sie mit hoher Wahrscheinlichkeit auch erfolgreich beendet. Rund ein Viertel der endgültigen Studienabbrecherinnen und -abbrecher absolviert eine Berufsausbildung.

Doch selbst diejenigen, die die Hochschule ohne Abschluss verlassen und auch keine Ausbildung anschließen, haben überraschenderweise Aussichten auf einen guten Job. Nur 6,5 Prozent der Studienabbrecherinnen und -abbrecher sind fünf Jahre nach der Exmatrikulation arbeitslos. Insgesamt schließen rund drei Viertel aller Studierenden bereits ihr Erststudium erfolgreich ab. Die Ergebnisse wurden am Mittwoch in einer Expertise im "Datenreport 2016" des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) veröffentlicht. Der BIBB-Datenreport ergänzt den Berufsbildungsbericht der Bundesregierung und widmet sich in diesem Jahr in seinem Schwerpunktthema den Möglichkeiten der Gewinnung von Studienabbrecherinnen und Studienabbrechern für die berufliche Bildung.

Anhand von Daten aus dem nationalen Bildungspanel hat die Soziologin die Lebens- und Bildungsverläufe von knapp 4.500 ehemals Studierenden der Geburtsjahrgänge 1944 bis 1984 untersucht. Während frühere Schätzungen darauf beruhten, die Zahlen der Im- und Exmatrikulationen der einzelnen Studienfächer zu vergleichen, hat Tieben auch Angaben über die Aufnahme eines Zweitstudiums oder über einen Studienfachwechsel mit einbezogen. Danach erreichen 85 Prozent aller Studierenden im Laufe ihres Lebens auch einen Abschluss. Auffallend ist, dass die Abbruchquote des Erststudiums im Verlauf der Jahrzehnte von 16 auf 30 Prozent angestiegen ist. "Über die Gründe kann man nur spekulieren", sagt Tieben. Zu vermuten sei die schon des Öfteren bemängelte nachlassende Studierfähigkeit, also die Sprach-, Lese- und Schreibkompetenz der Abiturienten. "Es könnte aber auch daran liegen, dass die Studierenden taktieren, weil sie anhand von Zulassungsbeschränkungen nicht sofort einen Studienplatz in ihrem gewünschten Fach erhalten haben und sich für eine Zwischenlösung entscheiden, um ihr Ziel zu erreichen", erklärt Tieben.

Eine Ausbildung vor dem Erststudium scheint die Neigung zum Studienabbruch zu verringern. Bei den jüngeren Befragten haben Studierende mit vorheriger Ausbildung eine zehn Prozent höhere Erfolgsquote beim Erststudium als ohne abgeschlossene Ausbildung. Das könnte daran liegen, dass Studierende mit einer vorher abgeschlossenen Berufsausbildung öfter an Fachhochschulen ein berufsbezogenes Studium wählen und in ihrer Entscheidung damit gefestigter sind. Die Abbruchquote im Erststudium ist an Universitäten mit 28,5 Prozent fast doppelt so hoch wie an Fachhochschulen (15,6 Prozent), allerdings treten die Studienabbrecherinnen und -abbrecher an der Universität wesentlich häufiger in ein weiteres Studium ein. Die endgültige Abbruchquote an Universitäten liegt bei 16 Prozent, an Fachhochschulen bei 12 Prozent.

Während in den Lebens- und Bildungswissenschaften die Abbrecherquote im Erststudium am geringsten ist (14,5 Prozent), liegt sie bei den Kunst und Humanwissenschaften, den Sozial- und Verhaltenswissenschaften sowie in Mathematik und den Naturwissenschaften mit rund einem Drittel am höchsten. Vor allem bei den jüngeren Jahrgängen ist in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern ein sprunghafter Anstieg des Studienabbruchs zu beobachten, ohne dass ein weiteres Studium aufgenommen wird.

Überraschend ist die Tatsache, dass Studienabbrecherinnen und -abbrecher, die auch fünf Jahre nach der Exmatrikulation keine formale Qualifikation erworben haben, besonders häufig höhere Dienstpositionen bekleiden. "Das sind vor allem männliche Studienabbrecher", erklärt Nicole Tieben. "Es könnte daran liegen, dass sie aus männerdominierten Studienfächern wie den Ingenieurswissenschaften oder IT-Studiengängen auch ohne berufliche Qualifikation gute Chancen auf eine Führungsposition haben, oder bereits während des Studiums von den Unternehmen abgeworben wurden". Frauen dagegen gehen auch fünf Jahre nach der Exmatrikulation häufiger keiner Erwerbstätigkeit nach. "Die Vermutung liegt nahe, dass es sich bei ihnen um freiwillige Erwerbslosigkeit aufgrund von Erziehungszeiten handelt", so Nicole Tieben.

Der Datenreport im Internet: www.bibb.de/datenreport/de/aktuell.php




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