Der Soziologe verweist auf den ersten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung (2011): "Unabhängig davon, ob erwerbstätige Mütter viel verdienen oder wenig, ob sie einen hohen oder niedrigen Bildungsgrad haben, die Hauptlast der Familienarbeit liegt auf ihren Schultern - und zwar auch dann, wenn sie 40 Stunden pro Woche und länger erwerbstätig sind."
Dies überrascht Sebastian Winter nicht; denn: "Der Abbau von Geschlechtsdifferenzen auf der diskursiven und normativen Ebene verspricht die Entwicklung weniger einschränkender und zudem karrieretauglicherer Identitäten. Doch Identität im Sinne eines widerspruchsfreien Selbsterlebens ist angesichts des dialektisch-konflikthaften Wesens dessen, was qua Geschlechtsaneignung gelöst werden sollte, auch bei einer Stärkung der gegengeschlechtlichen Seite nicht möglich.
Die Geschlechtsidentitäten werden zwar vordergründig flexibilisiert und erweitert - jede und jeder soll/will sich auch die Stärken des anderen Geschlechts zumindest ein Stück weit aneignen - untergründig aber bleibt ... die Verortung in den imaginären (alten) Geschlechtsidentitäten der zentrale Modus des Umgangs mit den Dilemmata der conditio humana."
Barbara Rendtorff sieht die Problematik psychoanalytisch und wird von Sebastian Winter zitiert: "Die intellektuelle Operation ermöglicht ihr eigenes Gegenteil, weil der affektive Anteil in der Verdrängung bleibt. Was die Personen wirklich bewegt, verschwindet immer mehr hinter einer Fassade von ´social correctness´, so dass das Spannungsverhältnis zwischen eigenen Wünschen und diesen ´korrekten Einstellungen´ nicht mehr zum Ausdruck kommt, also nicht mehr bearbeitet werden kann ..."
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